Im Hinspiel gegen Madrid war Bayern klar besser und ein Unentschieden für Real schmeichelhaft. Wer war da Bayern-Trainer?
Mich stört, dass Tuchel sämtliche schlechte Ergebnisse vorgeworfen werden, bei guten hat er aber anscheinend keinen Anteil.
Zum Beispiel das Pokalaus in Saarbrücken. Katastrophaler Platz. Rotation bei einem Drittligisten, das hätte doch jeder so gemacht. Miese Chancenverwertung der Bayern. Ein Konter in der 96. Minute bedeutet die unglückliche Niederlage. Heutige Lesart: Tuchel Schuld, im Pokal gescheitert. Drei Tage später 4:0-Sieg in Dortmund. Auch hier, keine Ahnung, wer da dann plötzlich Trainer war.
Und in Madrid war man auf einem guten Weg und keiner kann sagen, wie das Spiel nach einem frühen Real Tor gelaufen wäre, auch Herr Kroos nicht. Vielleicht hätte ja dann Bayern am Ende die Tore gemacht. Kim hatte noch einen Lattentreffer, Kane knapp vorbei geschossen. Mazraoui hat nach den Umstellungen seine neue Position nicht eingenommen und Kimmich unterstützt. Und Neuer hat gepatzt. Das entschied das Spiel, nicht Tuchel.
Dennoch tue ich mich damit schwer, mit ihm längerfristig planen zu wollen. Aber nicht, weil ich ihm das Fachliche abspreche, sondern weil ich glaube, dass seine Vorstellungen nur durch einen großen Kaderumbruch perfekt umzusetzen sind. Und da sehe ich bei Bayern große Problem, die schon vor Tuchel aufgetreten sind. Der Stamm hat nach vielen Erfolgen nicht mehr die riesengroße Gier, verdient aber sehr viel Geld. Richtige Verstärkungen kosten meist richtig Ablöse, Ersatzlösungen sind sofort Fehleinkäufe, wenn sie nicht gleich total einschlagen, Thema Erwartungshaltung. Das ist doch das Dilemma.
Mit Nagelsmann wollte man frischen Wind rein bringen und ein jüngeres Team für die Zukunft aufbauen. Der Ausgang ist bekannt. Mit Tuchel erfolgte hier eine Kehrtwende, ein bekannter Name sollte nun wieder kurzfristig für Erfolge sorgen. Und zwar möglichst mit dem vorhandenen Material. Siehe die lächerliche Transferpolitik letzten Sommer, als man die Trainerwünsche ignorierte. Siehe die "Expertenaussagen", der Kader würde doch reichen, Tuchel solle gefälligst die vorhandenen Spieler besser machen.
Dieser eingeschlagene Weg kann für mich nur in eine Sackgasse führen. Entweder man entscheidet sich nach den vielen erfolgreichen Jahren endlich für einen größeren Umbruch, auch wenn kurzfristiger Erfolg dadurch schwieriger ist, und stärkt dabei den Trainer, oder man wird weitermachen wie die letzten beiden Jahre mit Flickereien (nein, nicht Hansi) am Kader, aber dann ist es auch egal, wer Coach ist.