Eishockey-Bundesligen in den 1970iger Jahren

  • Wer schon immer wissen wollte, warum 1993 die "Ausländer-Schwemme" kam und warum das "Bosman-Urteil" vielen Vereinen nicht ungelegen kam, auch wenn es den Wegfall der Ablösesummen beinhaltete, wird in diesem historischen Artikel fündig. Achtung, die vorherigen Aussagen sind Teil meines persönlichen Programmes "wider dem tierischen Ernst". In den Jahrzehnten waren die Probleme vielfältiger und individueller. Viel Spaß beim Lesen!

    SPORT-KURIER 12/1974
    Der Text stammt aus der damaligen Printausgabe und ist nicht online verfügbar. Verlinken ist also nicht. Der derzeitig aktive SPORT-KURIER - https://www.sport-kuriermannheim.de - wurde 2004 gegründet. Eine Rechtsnachfolge ist aus der Internetseite nicht erkennbar. Sollte der gepostete Text dennoch aktuelle Urheberrechte verletzen, so bitte ich dies hier unmissverständlich zu äußern. Ich werden den Text gerne nach Aufforderung entfernen. Ansonsten bitte ich mal drei Hühneraugen zuzudrücken und den historischen Wert vor dem schnöden Mammon und der beleidigten Leberwurscht zu betrachten.

    Bayern verkünden "Spielernotstand"

    Die acht führenden bayerischen Eishockeyvereine haben den Notstand ausgerufen. Ausgelöst durch den derzeit schlechten Tabellenstand der Traditionsvereine EV Füssen, SC Riessersee und EC Bad Tölz sowie des ESV Kaufbeuren in der der Bundesliga, haben sie sich zu einer weißblauen Einheitsfront gegen "den ständigen Ausverkauf unserer besten Spieler" and die westdeutschen Bundesligisten und Berlin formiert. Bei einer Sitzung, zu der Präsident Ernst Gabriel vom Bayerischen Eissport-Verband (BEV), gleichzeitig Vorsitzender des EV Landshut, den EV Füssen, EC Bad Tölz, SC Riessersee, ESV Kaufbeuren, EV Rosenheim, SG Nürnberg, EV Landshut und Augsburger EV eingeladen hatte, wurde die Marschrichtung bereits festgelegt: "Nach der Weltmeisterschaft muss im kommenden Frühjahr ein außerordenlicher Verbandstag einberufen werden, der sich mit diesem Problem auseinandersetzt."

    Die bayerischen Vereine wollen nach Ernst Gabriel erreichen, in die Wettkampfordnung aufzunehmen, dass künftig Vereine der ersten und zweiten Bundesliga nur noch einen neuen Spieler pro Saison verpflichten können, ausgenommen Junioren und Ausländer. Als "letzten Schritt", falls diese Vorschläge nicht angenommen werden, wollen die Bayern die Bundesliga in zwei Gruppen, eine Nord- und Süd-Liga spalten, um damit die finanzielle Belastung durch die Reisen in den Westen und nach Berlin zu senken. BEV-Präsident Ernst Gabriel, der "die Bayern-Sitzung" als "Informationstagung" verstanden wissen will, gibt zu, dass "das ein sportlicher Rückschritt" wäre". Er betont aber: "Wir sind keine Separatisten, doch auf Sicht sehen wir keine andere Möglichkeit."

  • Reisen in den Westen?

    Scheint fast so, als ob sich das bis heute nicht wirklich verbessert hat. Zumindest sind manche Busfahrer...aber lassen wir das. :pfeif:

  • Reisen in den Westen?

    Scheint fast so, als ob sich das bis heute nicht wirklich verbessert hat. Zumindest sind manche Busfahrer...aber lassen wir das. :pfeif:

    Ja die Navis sind halt heute auch nicht mehr das was sie früher mal waren 😎

  • BEV-Präsident Ernst Gabriel, der "die Bayern-Sitzung" als "Informationstagung" verstanden wissen will, gibt zu, dass "das ein sportlicher Rückschritt" wäre". Er betont aber: "Wir sind keine Separatisten, doch auf Sicht sehen wir keine andere Möglichkeit."

    Weißblaue Einheitsfront? Bayern-Sitzung? Es gab also damals schon die berüchtigte "Bayern-Mafia" :rofl:

  • Im Grunde ist die Geschichte noch lustiger. Der EV Rosenheim hatte für den Aufstieg in die 1. Bundesliga richtig Geld in die Hand genommen. Für 200.000,- DM wurden 1974-1975 Spieler eingekauft. Das Geld kam von einem Getränkehersteller. Zum Vergleich: Bei den Vereinen im Tabellenkeller der 2. Bundesliga gab es Spritgeld für auswärtige Spieler (Fahrgemeinschaften) und eine Brotzeit nach dem Spiel. In Ehre wurde bezahlt, wenn sie sich diese im Spiel verdient hatten. Dann gab es eine lobende Erwähnung in der Tagespresse gratis.

  • Bei den Vereinen im Tabellenkeller der 2. Bundesliga gab es Spritgeld für auswärtige Spieler (Fahrgemeinschaften) und eine Brotzeit nach dem Spiel. In Ehre wurde bezahlt, wenn sie sich diese im Spiel verdient hatten. Dann gab es eine lobende Erwähnung in der Tagespresse gratis.

    Die zwanzig Halben dürfen zu Recht verschwiegen werden.

  • Ich habe mich eine Weile mit den regionalen Transfers der Zeit, also die 1970-1980 Jahre, beschäftigt und habe ziemlich gestaunt. Mein Fokus lag auf der Basis 2. Bundesliga und Oberliga. Die Nummer "Nordvereine kaufen den Süden leer" ist eine ziemliche urbane Legende. Es gab Süd-Nord-Transfers in einer überschaubaren Zahl. Königstransfers waren das im Normalfall nicht. Vielmehr bewegten sich die Transfers eher auf der Basis "solider Spieler bzw. Leistungsträger". In der Regel kamen die Spieler nach einem kurzen Engagement wieder in den Süden zurück, Es gab natürlich Spieler die im Norden "hängenblieben".

    Mein Fazit: Die Nord-Transfers begrenzten den ohnehin eingeschränkten Tauschmarkt im Süden, denn statt "Spieler gegen Spieler mit und ohne monetäre Zusatzleistung" gab es für diese Transfers in der Regel nur Geld. Das war für abgebenden Vereine, die ohnehin immer klamm waren, aus finanzieller Sicht nicht schlecht, aber aus sportlicher Sicht schwer aufzufangen. Zumindest, wenn die Vereine keinen hochwertigen eigenen Nachwuchs produzierten. Die Entrüstung der Süd-Vereine hatte im Hintergrund einen völlig anderen Grund als der "dicke Geldbeutel" der Nordvereine. Die zusätzlichen Mitbieter veränderten die Regeln und die Herren aus der Eishockeyhochburg Bayern fühlten sich auf den Schlips getreten.

  • Königstransfers waren das im Normalfall nicht.

    Liegt vielleicht daran, dass "Königstransfers" insgesamt eher selten sind.

    Ich würde allerdings den Wechsel des Top-Scorers des Meisters 1962 Sepp Reif nach Düsseldorf durchaus als Königstransfer bezeichnen. Otto Schneitberger war auch kein Mitläufer. Und aus der Zeit stammt diese "urban legend".

    Erich Kühnhackl nicht als Königstransfer zu bezeichnen, wäre einfach eine Frechheit. Gut, der kam nach drei Jahren nach Bayern zurück, hatte in der Zeit aber auch zwei Mal die Meisterschaft geholt. Udo Kießling, Gerd Truntschka, das waren nun Mal in Bayern ausgebildete Top-Spieler.

    Für 2. Liga/Oberliga hast Du schon Recht. Wobei die 2. Liga in den 1970ern ungefähr so nordlastig war wie es heute die DEL2 ist ;), die Oberligisten sich lieber aus dem Ausland bedient haben.

    Insgesamt muss man die Geschichte aber auch im Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen Profi- und Amateursport sehen. Das Profitum war halt lange verpönt, siehe auch die Auseinandersetzungen Kanadas mit der IIHF zur selben Zeit.

  • Wer vom Süden gelockt wurde und hier hângengeblieben ist:

    Helmut Guggemos kam von Füssen. Er blieb im Westen, hat einen Job bei den Stadtwerken bekommen, er lebt seit Jahren in Krefeld.

  • Wer vom Süden gelockt wurde und hier hângengeblieben ist:

    Helmut Keller (Bad Tölz), wohnt heute in Weilmünster im Landkreis Limburg/Weilburg

    Verteidiger beim VFL Bad Nauheim bis zum Konkurs, danach 4 Jahre Eintracht Frankfurt und bis zum Karriereende, mit ei njährigem Gastspiel in Neuwied, bei der EG Diez-Limburg. Besucht regelmäßig die Spiele in Bad Nauheim, außer in der Weihnachtszeit, da ist er verantwortlich für eine in seinem Wohnort aufgebaute Eisfläche und hat keine Zeit.

    https://www.eliteprospects.com/player/443052/helmut-keller

  • Bei uns wurden regelmäßig Spieler aus dem Süden geholt. Es fing mit Sepp Reif und Otto Schneitberger (Legende!) an, Wolfgang Boos und Reinhold Rief, Fritz und Josef Rottluff, Walter Köberle, Hannes Baldauf, Walter Stadler, Georg Kink, Karl-Heinz „Airforce“ Egger, Horst-Peter Kretschmer, Josef Klaus, etc.

    Torhüter holten wir früher regelmäßig aus Bad Nauheim.

    Wolfgang Boos war bis vor drei? Jahren noch im Vorstand des e.V. aktiv, Otto Schneitberger und Walter Köberle sind auch im Rheinland geblieben.

    Interessanterweise hatten damals die damaligen Zweitligisten, Duisburg und Essen reichlich Spieler aus Krefeld und Düsseldorf geholt, wenn sie bei ihren Stammvereinen nicht zum Zuge kamen.

  • Das stimmt, aber die 1. Bundesliga habe ich bei der Recherche ausgelassen. Das die Nationalspieler in die Großstädte zogen ist für die am Thema interessierten Allgemeingut. Mir ging es eher um die klassenniederen Vereine, weil die sich eifrig am Aufschrei beteiligten. Ich wollte sehen, ob sie wirklich so stark betroffen waren oder sich nur aus Prinzip hinter die bayerischen „Großvereinen“ stellten.