Urteil: Zuschauer eines Eishockey-Spiels müssen vor Pucks geschützt werden

  • Ach ja, kann jedem passieren. Mein Posting vom letzten Jahr:> Puck verletzt Kind lebensgefährlich <

    Roland: Hat sich da inzwischen was getan in Deggendorf?

    Was sollte sich da getan haben? Das Stadion entspricht der DIN-Norm. Zu mir ist aber kein Puck mehr hochgekommen ;)

    Pucks fliegen auch bei uns hin und wieder von der Seite raus, das sind dann aber zumeist nur abgefälschte Scheiben die vom Publikum gefangen werden. So ca. 1x alle 2 Saisons kommt es auch vor dass jemand vom Puck getroffen wird und blutet.

    In dem Artikel (http://www.hockeyweb.de/del/seitennetze-bald-nicht-mehr-notwendig-13175#) ist die Rede von "Rechtssicherheit für die Clubs". Ist diese Rechtssicherheit damit hinfällig?

  • Als Veranstalter bin ich in der Pflicht, meine Veranstaltung für den Besucher sicher zu machen. Warum gäbe es sonst Ordnungsdienst, Sitzplätze statt Stehplätze, Einlasskontrollen, Fahnenstangenverbot, Polizeisicherung,.... Ist ja nicht nur im Eishockey so, sondern auch beim Fussball, Konzerten, usw.

    Nun ist es ja nicht so, dass dieser Pucktreffer in Straubing ein einmaliges Ereignis gewesen wäre, das noch nie passiert wäre und womit auch niemand rechnen konnte. Also muss der Veranstalter seine Besucher auch dagegen schützen, so wie gegen andere Gefahren auch.

    Wer hier argumentieren will, dass man als Besucher ja von dieser speziellen Gefahr weis: Warum braucht man sonst alle von mir oben aufgeführten Maßnahmen, um einen Event sicher zu machen?

  • Haben wir einen Juristen hier?
    (Aber wirklich ein Jurist, nicht wie ich so studierte Betriebswirte mit einigen Jura-Lektionen und kleineren Prüfungen dazu)


    Wenn ich ein Ticket kaufe, ist das ein Kaufvertrag. Da gibt es doch so Regeln, dass man bei solcher Art Käufe (analog Busfahrkarte oder Schwimmbadeintritt) automatisch die AGB akzeptiert). Wenn man nun in ide ABG schreibt, dass es vorkommen kann, dass Gegenstände vom Eis in die Zuschauer fliegen und man davor expliziert warnt und deswegen der Besuch auf eigene Gefahr ist.... Könnte das reichen?

    Auch kein Jurist, aber selber schon von einem ähnlichen Fall (Haftungs-/Gewährleistungsausschluss) betroffen:

    Nein.

    Wenn in AGBs oder in Verträgen etwas Rechtswidriges zu Ungunsten des Verbrauchers (in unserem Fall der Zuschauer) drinsteht, dann ist dies unwirksam, selbst wenn es im Vertrag/AGB heißt, dass man es mit Abschluss des Vetrages akzeptiert.

    Da die aktuelle Rechtssprechung sagt, dass der Veranstalter die Zuschauer vor Pucks schützen muss, wäre ein solcher Haftungsausschluss über den Hinweis darauf und "Auf eigene Gefahr" rechtswidrig, es gibt dann wahrscheinlich sogar noch zusätzlich einen auf den Deckel wegen rechtswidrigen AGBs/Haftungsausschluss.

    Dazu kommt auch noch das von Lone Wolf angesprochene Problem, ob die AGBs überhaupt auch ausreichend rechtssicher mitgeteilt worden sind.

    Mal ne Frage dazu , ich besitze so eine art Eishockey Helm , auf dem steht das es möglich ist, das ich trotz des Helmes lebensgefährlich oder tödlich verletzt werden kann. Ich vergleich das jetzt mal weit hergeholt mit einer ABG.
    Aber bei eigenen Schaden könnte ich doch dennoch niemand haftbar machen ?!
    Also ich hatte Jura 2 Semester , habe aber echt null Ahnung . Wenn es zu Offtopic ist , dann entschuldige ich den Beitrag ;)

  • Ich kann mir nicht vorstellen, das sich ein Veranstalter nur durch die AGB's da rauswinden kann.

    Man stelle sich vor er würde reinschreiben, wir haben weder Brandschutz noch Ordner. Das Stadion ist auch nicht überprüft und kann zusammenbrechen. Das wird wohl nicht funktionieren....

    Recht kann man nicht mit Mathematik vergleichen. In der Mathematik ist eine Formel eine Formel. Die Anwendung steht fest, für jeden nachzuvollziehen. Recht ist interpretationssache, je nach Auslegung und Betrachtungswinkel.
    Für Laien ist das oft nicht nachvollziehbar.

  • Jetzt gibt es also ein Urteil, an das sich aber niemand halten wird. Wie ich schon gesagt hab, kann ich die Vereine da verstehen. In der heutigen Zeit muss man um jedes Prozent kämpfen, dass die angebotene Qualität des Events und des Sports für den Zuschauer erhöht. Die Konkurrenz schläft nicht und ist an den meisten Standorten recht groß. Von TV Übertragungen fang ich jetzt gar nicht an.

    Was ich nicht verstehen kann, ist diese Argumentation mit der "fehlenden Sicherheit" und "wenn denn meinem Kind was passiert" usw...
    Ganz einfach... wenn das wirklich ein so großes Thema ist, dann schnappt euch eure Liebsten und stellt oder setzt euch hinter das Tor hinter die Netze. Mehr Sichereit geht nicht. Oder ist das dann wieder zu schlechte Sicht? Manchen kann man es halt auch nicht recht machen. Sollen diejenigen auf den Längsseiten sitzen/stehen, die dieses Risiko bereit sind auf sich zu nehmen!

    wer dazu noch mehr lesen möchte: (vor allem interessant, dass Leute den Spielen aufgrund des Netzes fern bleiben)

    http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=…t1283345%2Ehtml


  • Mal ne Frage dazu , ich besitze so eine art Eishockey Helm , auf dem steht das es möglich ist, das ich trotz des Helmes lebensgefährlich oder tödlich verletzt werden kann. Ich vergleich das jetzt mal weit hergeholt mit einer ABG.Aber bei eigenen Schaden könnte ich doch dennoch niemand haftbar machen ?!
    Also ich hatte Jura 2 Semester , habe aber echt null Ahnung . Wenn es zu Offtopic ist , dann entschuldige ich den Beitrag ;)


    Nein, das ist keine AGB - das ist schlicht und einfach ein Warnhinweis mit dem sich der Hersteller vor Klagen schützen möchte, wenn jemand mit dem Helm in eine Schießerei geht und sich dann wundert, wenn die Kugeln nicht abgefangen werden. Es geht ja bei solchen Klagen - häufig in den USA - darum, ob der Kunde/Verbraucher wissen konnte, dass er den Gegenstand nicht bestimmungsgemäß einsetzt und ob die Folgen für ihn absehbar waren. Deswegen diese Hinweise wie auf dem Helm oder auf dem Kaffeebecher.

  • Man stelle sich vor er würde reinschreiben, wir haben weder Brandschutz noch Ordner. Das Stadion ist auch nicht überprüft und kann zusammenbrechen. Das wird wohl nicht funktionieren....

    Nein, natürlich nicht... AGB, die gegen gesetzliche Bestimmungen wie z. B. Brandschutz verstoßen, sind generell nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Das Netz war bisher wohl keine gesetzliche Bestimmung, allerdings geht ein Richtspruch schon so ziemlich in die Richtung.

  • In anderen Bereichen sind Din Normen als quasi Gesetze anerkannt, z.B. bei der Elektrotechnik. Eine Elektroinstallation nach Din ist das, was von allen verlangt und auch akzeptiert wird. Dass dort Richter keine weiterführenden Maßnahmen verlangen liegt ja vielleicht auch daran, dass sie sich in diesem Bereich nicht auskennen.

    Dass sich jetzt beim Eishockey Richter bemüßigt fühlen, über die Din hinausgehende Regelungen zu verlangen halte ich für ein fatales Zeichen. Woran soll man sich beim Neubau einer Eishalle denn orientieren, wenn nicht an geltenden Vorschriften? Durch dieses Urteil wird suggeriert, dass bei jedem Spiel mehrere Leute mit blutenden Kopfwunden aus dem Stadion getragen werden müssen, weil sie vom Puck getroffen wurden. Ich halte das Risiko, die Treppe auf dem Weg zur Toilette runterzufallen für größer, vielleicht verbietet man dort im nächsten Schritt den Beton.

  • Danke erst einmal für die Antworten. Leider habt ihr die gleiche Einschätzung wie ich.

    Dennoch: Ein Laden ist anscheinend nicht mehr haftbar, wenn ein Kunde ein Schild aufstellt, dass es rutschig sein kann. Also: Schilder aufhängen :/

  • Danke erst einmal für die Antworten. Leider habt ihr die gleiche Einschätzung wie ich.

    Dennoch: Ein Laden ist anscheinend nicht mehr haftbar, wenn ein Kunde ein Schild aufstellt, dass es rutschig sein kann. Also: Schilder aufhängen :/

    Das kann man doch so pauschal nicht sagen. Wenn es draußen regnet und Du Fliesen hast, dann reichen solche Schilder vermutlich aus - weil das "allgemein offensichtlich" ist. Wenn Du Schmierseife auf Bohnerwachs verteilst und ein kleines Schild in die Ecke stellst wirst Du wohl kaum aus der Haftung rauskommen. Und immer bedenken, es gibt auch Leute, die nicht lesen können, Sehschwäche etc.. - die solche Schilder gar nicht richtig wahrnehmen können.

  • Eine Elektroinstallation nach Din ist das, was von allen verlangt und auch akzeptiert wird

    Ja, klar... Aber wenn im Nachhinein bei einem bestimmten Aspekt dort wiederholtes Gefährungspotential festgestellt wird, läuft diese DIN auch Gefahr, kassiert zu werden. ich will das "Netzurteil" nicht verteidigen, mir gefällt es auch nicht, aber so läuft es... die Eigenverantwortung wird immer weiter zurückgedrängt, wir werden quasi gepampert. Und forciert wird das generell durch klagewütige Zeitgenossen. Alter, was ich unterschreiben musste, bis ich auf einem Kreuzfahrtschiff Schlittschuh laufen durfte.. Geht gar nicht und war für mich auch völlig unverständlich. Wenn ich auf das Eis gehe und mich auf die Fresse packe, bin selbst schuld. Aber da gibt es halt Leute, die verklagen den Eigentümer des Eises, weil es glatt war.

    Ich hab in den Neunzigern als Zweitjob Autos im Hafen gefahren. Da waren auch so dicke Schlitten für die USA dabei. Alleine schon die ganzen Warnaufkleber am Armaturenbrett, der Sonnenblende, sogar im Rückspiegel... Gruselig. Und dann fährt man im Winter mit kalten, nassen Reifen auf einem blanken Stahldeck. Natürlich rutscht man da ein bisschen... Als dann plötzlich ein fettes Warndreieck um Display aufleuchtete und die Karre mich mit "You are sliding!" anbrüllte, hätte ich das Auto vor Schreck fast gegen den nächsten Pfeiler gesetzt... Schöne neue Welt, blüht uns auch.

    Das Rumdumnetz wird bestimmt kommen. Nach dem Urteil ist das auch eine Haftungsfrage und da geht es nicht ums Schmerzensgeld, sondern um Haftungsfragen. Besonders Krakenkassen werden da wohl hellhörig werden. Dass da eine Haftpflichtversicherung evtl. drauf drängt, dass so ein Netz aufgehängt wird, würde mich nicht überraschen.

  • Was sind wir doch alles für "Weicheier" geworden! Auf der Welt verhungern täglich Kinder, werden in unsäglichen Kriegen ermordet, müssen Asylanten um ihr Leben fürchten und wir brauchen Gerichte und Urteile, weil einmal ein Puck so blöd in die Zuschauer geflogen ist, dass man eine Beule/Platzwunde hatte.

    Glaube wenn sich die geschädigte Person mal an ihr bisheriges Leben zurück erinnert wird sie feststellen, dass wohl weitaus schlimmere Dinge schon passiert sind und auch sie selbst daran nicht unschuldig war.

    Ein wenig Selbstverantwortung und Selbstbestimmung sollten wir als Menschen schon noch haben dürfen und es geht ja bei diesem Fall für mich noch nicht mal um einen Unfall sondern betrifft dies einen Umstand, der eben während eines Eishockeyspiels vorkommen kann und das weiß ich auch als Zuschauer und muss mich eben auch in meiner Fürsorgepflicht mir selbst gegenüber darauf einstellen.

    Natürlich kann man Netze machen, welche aber die Qualität der Sichtverhältnisse sehr einschränkt. Hinzu kommt noch, dass man durch die Netzte selbst dann unaufmerksamer wird und sich sozusagen in Sicherheit wägt. Was wenn ein Puck durch das Netz durch geht und trotz diesem was passiert? (einem Bekannten ist das tatsächlich in Höchstadt mal passiert) Verteilt man dann beim Eingang eine Panzerglasscheibe für jeden Zuschauer, damit er sich hinter diese stellen kann?

    Für mich ist das gesamte Leben ein Risiko mit einem sicheren Ende. Wollen wir tatsächlich alles und jedes was eben passieren kann möglichst zu 100% abdecken und absichern und dadurch auch eine gewisse Lebensqualität und Freizügigkeit dafür opfern. Und so hart es klingt, selbst bei einer Todesfolge auf Grund einer solchen Verletzung sehe ich hier eher die Versicherungen (dafür bezahlen wir diese ja) in der Pflicht als für teuer Geld ein Netz zu bauen, welches letztendlich vor jeder Veranstaltung noch auf Tauglichkeit geprüft werden müsste, da ansonsten der Veranstalter dann auch wieder seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist.

    Was sind wir für ein Bürokratistenstaat geworden. Meine Meinung dazu

  • Jetzt gibt es also ein Urteil, an das sich aber niemand halten wird. Wie ich schon gesagt hab, kann ich die Vereine da verstehen. In der heutigen Zeit muss man um jedes Prozent kämpfen, dass die angebotene Qualität des Events und des Sports für den Zuschauer erhöht. Die Konkurrenz schläft nicht und ist an den meisten Standorten recht groß. Von TV Übertragungen fang ich jetzt gar nicht an.


    Damit hat du vielleicht recht, aber auch nur solange bis der nächste Vorfall passiert. Denke nicht, dass es sich irgendein Verein in Deutschland finanziell und imagetechnisch leisten kann, seine Zuschauer durch dieses Urteil vorsätzlich zu gefährden und im Schadensfall die Kosten übernehmen kann.
    Dass Zuschauer fern bleiben wird sich zeigen, ich denke nicht, dass da viel dran ist an solchen Aussagen. Außerdem ist das Netz an den Seiten bei weiten nicht so dick wie das hinter den Toren in manchen Stadien, in der Donau Arena fällt es mir ehrlich gesagt nichtmal (mehr) auf.

  • Edit, ich schreibe bei etwas Zeit nochmal etwas zu dem Urteil ;)

    3 Mal editiert, zuletzt von HockeyJohnDoe (22. September 2015 um 01:23)

  • Vielen Dank! Sehr ausführlich und gut verständlich!

    Im Übrigen geht auch die Reaktion der "Beteiligten" bzw. "Be-
    troffenen" erst einmal in eine abwartende Position, welche
    "Handlungshinweise" hier folgen werden. Da ist keine große
    Panik zu beobachten.

  • Guten Morgen

    Zu dem ganzen Thema sag ich nur eins. Ich stand 25 Jahre an unserem altwehrwürdigen St. Christinahang. Einige von Euch werden das alte Ravensburger Stadion noch kennen. Da flog in all den Jahren auch manche Scheibe ins Publikum. Es gab auch einige Treffer. Einmal ganz in der Nähe von uns. Ich weiß nur wie ein damals älterer Zuschauer zu dem getroffenen folgendes sagte:" Pass halt auf du Dackel!" Und in meinen Augen hat der Mann heute noch Recht. Wenn jeder aufs Spiel achtet und weniger auf sein Smartphone kucken würde passiert auch nichts. Müssen wir uns den von Vorschriften erschlagen lassen. Ich lauf auch nicht mit einem Helm durch den Wald nur weil mich ein herabfallender Tannenzapfen treffen könnte.

    Gruß