Absichtliches Tor verschieben

  • Hallo,

    bisher hat hier niemand nachgefragt, also bitte ich die pfeifende Zunft hier zu etwas Feedback :)


    Video, Finalspiel 5 Schwenningen-Bietigheim:


    http://www.youtube.com/watch?v=KAxnvUT0yZ0&feature=youtu.be


    Meine Fragen dazu:


    - ich lese im Zusammenhang mit dieser Situation immer von "absichtlichen" Torverschieben. Grundsätzlich gehe ich davon aus dass in den allerseltesten Fällen tatsächlich Absicht vorliegt, insbesondere wenn wie im Video zu sehen das Tor bei einer schnellen Abwehraktion verschoben wird. Ziel dieser Aktion war es m.E. ja nicht das Tor zu verschieben sondern die Scheibe zu halten (Das ist natürlich jetzt schon meine eigene Einschätzung:-)). Ist hier der Begriff "Absicht" unter Umständen anders zu werten als das im üblichen Sprachgebrauch geschieht? Könnt Ihr näher ausführen (allgemein) nach welchen Kriterien hier zu entscheiden ist?
    - Wie bewertet Ihr im Speziellen die zu sehende Situation? (bewusst mit Vorteil der Videowiederholung)
    - Beim Penaltyschiessen gibt es diese Bewertung "Absicht" meines Wissens nicht. Inwiefern sind also die Situationen beim Penaltyschiessen anders zu bewerten?
    - Wer darf diesen Penalty ausführen?

    Eine Bitte an die Anhänger der verschiedenen Fanlager: Bitte Trash Talk im zugehörigen Spiele Thread austragen, vielen Dank!

    Vielen Dank fürs Feedback!

  • Weitere Fragen allgemeiner Art, die man sich immer im Zusammenhang mit dem Begriff "Absicht" stellen sollte:
    - Hat das angreifende Team einen Regelverstoß begangen, der es rechtfertigt, ihm eine aussichtsreiche Torchance zu nehmen?
    - Brachte der Regelverstoß dem verfehlenden Team einen Vorteil?
    - War der verfehlende Spieler körperlich unbedrängt?

    einmal "nein", dann zweimal "ja"-Antwort ist ein weiterer Schritt Richtung Absicht.

    Den Penalty muss bei einem Regelverstoß auf dem Eis ein Spieler schießen, der beim Verstoß auf dem Eis war. Das kann ich anhand des Videos nicht beurteilen. Das mag hier aus meiner Sicht womöglich die einzige Unschärfe sein.
    Aber selbst wenn dem so sei, das kann passieren: Die LSR haben in der Situation auch alle Hände voll zu tun:
    - Es liegt ein Regelverstoß des Goalies vor, also müssen blitzschnell alle Spieler des verfehlenden Teams die sich auf dem Eis befinden notiert werden. Es wurde aber nach kurzer Abstimmung durch die HSR auf Penalty entschieden.
    - Da aber kein Foul gegen einen Spieler vorliegt, müssen ebenso blitzschnell alle Spieler des nicht verfehlenden Teams die sich beim Regelverstoß auf dem Eis befinden notiert werden.

    Die Jungs da unten haben einen geilen Job gemacht, die Eier muss man haben. :thumbup:

    Bei Torverschieben bei einem Penalty wurde den SR dieser Ermessenspielraum abgenommen.
    Schon mal beobachtet? Es wird das Tor nochmals auf festen Stand geprüft und der Goalie auf diese Regelauslegung hingewiesen. Die wissen schon auch, was sie tun.

    Einmal editiert, zuletzt von Done #30 (30. April 2013 um 10:44)

  • Die Entscheidung auf Penalty ist in dieser Situation für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Der Schuss geht eindeutig ins Tor, nahezu zeitgleich mit dem Verschieben des Selbigen, so dass das Torverschieben hier eigentlich irrelevant ist. Der Schiedsrichter im Bild zeigt ja auch bereits den Treffer an, warum bleibt er nicht bei seiner Entscheidung?

    Grundsätzlich mag es schon richtig sein, dass zahlreiche Torhüter sehr gut wissen, was sie in der ein oder anderen Situation in Sachen Torverschieben tun. Häufig nimmt der Torhüter aber die Möglichkeit des Torverschiebens im Rahmen einer Abwehraktion/Parade lediglich billigend in Kauf, was man aber mMn keinesfalls mit Absicht gleichsetzen kann. Zum Beispiel bei einem Bauerntrickversuch bleibt dem TW doch gar nichts anderes übrig, als seinen Schlittschuh und Schoner an den Pfosten "zu pressen", um das bedrohte Eck abzusichern. Wenn da das Tor nicht hundertprozentig fest steht, wird es schnell mal verschoben - und das soll dann Absicht sein ?( :wacko:

  • Ja.
    Du benützts hier eine nette Formulierung "billigend in Kauf" nehmen. Danke für die Vorlage
    Bei manchen Fouls gibts diese Formulierung auch, da gilt eine "billigend in Kauf" genommene Verletzung des Gegners stets als strafverschärfend.
    Parallalitäten zum vorliegenden Fall magst bitte selber finden.
    Es liegt kein Regelverstoß des Angreifers vor

  • Ja.
    Du benützts hier eine nette Formulierung "billigend in Kauf" nehmen. Danke für die Vorlage
    Bei manchen Fouls gibts diese Formulierung auch, da gilt eine "billigend in Kauf" genommene Verletzung des Gegners stets als strafverschärfend.
    Parallalitäten zum vorliegenden Fall magst bitte selber finden.
    Es liegt kein Regelverstoß des Angreifers vor


    Dass hier kein Regelverstoß des Angreifers vorliegt, habe ich ja auch nicht angezweifelt - darum hätte ich in der gezeigten Situation auch auf Tor (nicht auf Penalty) entschieden, da das Verschieben des Tores doch in diesem Fall gar keinen Einfluss auf die Erzielung des Treffers hatte.

    Grundsätzlich kann ich die von dir gezogene Parallele nachvollziehen, allerdings gibt es einen kleinen aber feinen Unterschied: Ein Foul stellt ja an sich schon eine Regelwidrigkeit dar, was man von einer Abwehraktion/Parade eines TW ja wohl nicht behaupten kann.

  • Ja schon, dein Aufwand ist nachvollziehbar.
    Ähnliche Paralellen, also nicht nur das Berücksichtigen der Frage, wer (zunächst durchaus regelkonform) aktiv war, sondern zusätzlich der Folgen des Tuns gibt es aber bei anderen Regelauslegungen auch. So kann ein Check durchaus fair sein. Aber wenns den Gegner hart an die Bande wirft, dann ist er zu bestrafen.
    Die Folgen, also im Falle eines sauberen Checks, der zum ahndenswerten Bandencheck wird, im Falle ein in einer ansonsten unbedrängten Abwehrbewegung ein verschobenens Tor, dürfen nicht zu einem Nachteil der nicht verfehlenden Mannschaft führen. Somit sehe ich hier die Definition der Absicht erfüllt und der Penalty ist ohen wenn und aber zu verhängen. Naja, außer der Puck war vorher schon vollständig über der Linie.
    Die Jungs haben es sich nicht leicht gemacht, sondern trotz zunächst vielleicht etwas uneindeutig zu interpretierender Zeichengabe, ihre Beobachtungen nochmals abgestimmt und dann einwandfrei nicht die einfache schnelle Lösung, sondern die regelkonforme gefunden. :respekt:

  • Als "Vertreter" der "pfeifenden Zunft" versuche ich mal etwas Licht ins Regeldunkel zu bringen:
    Es liegt im Verantwortungsbereich des Torhüters, seine Bewegungen, Abwehrreaktionen, usw, so auszuführen, daß das Tor nicht aus seiner Verankerung gehoben bzw. verschoben wird. Der TH muss also dafür Sorge tragen, daß das Tor immer stehen bleibt, wenn er sich innerhalb der beiden Pfosten bewegt. Wenn jetzt durch eine solche Abwehrbewegung das Tor verschoben wird, so wird dies als "absichtlich" definiert und ist zu ahnden, außer wenn er durch einen Gegenspieler so bedrängt würde, daß er für den Zusammenstoß mit dem Tor und das daraus resultierende Verschieben nicht verhindern kann. Ähnlich begründen könnte man die Entscheidung durch das "billigend in Kauf nehmen", daß das Tor verschoben wurde. Auch das wäre als "absichtlich" zu definieren. Von daher haben die HSR hier alles richtig gemacht und ein absolutes Lob verdient, daß sie in dieser Situation, in der Verlängerung, bei dem Spielstand in einem 5. Play-Off-Finale solche Interpretationen parat haben und auch anwenden :thumbsup:
    Im vorliegenden Fall kann der HSR auch nicht auf Tor entscheiden, da seiner Meinung nach, das Tor nicht mehr in seiner Position stand, als der Puck die Torlinie überschritten hat. Es spielt hierbei auch keine Rolle, ob er das Tor im ersten Moment anzeigt oder nicht. Im Ggenteil, es ist sogar beser ein solches "Tor" erst anzuzeigen und dann seine Entscheidung evtl. wieder zu korrigieren als umgekehrt.
    EIn Entscheidungskriterium kann hier auch nicht sein, daß der Puck ja eh ins Tor gegangen ist und es somit ja gar nicht notwendig war, das Tor nicht zu geben. Letztendlich hätte er bei Anerkennung des Tores eine Regelbeugung begangen, da ein Tor niemals nie erzielt werden kann, wenn das Tor nicht in seiner Verankerung und Position steht.
    Übrigens hat die Entscheidung auf Strafschuß nichts mit der Verlängerung oder den beiden letzten Spielminuten zu tun, da im hier vorliegenden Fall eine klare Torchance verhindert wurde. Es wäre also auch in der ersten Spielminute des ersten Drittels auf Strafschuß entschieden worden.

  • Vielen Dank, Schiri.

    Ich hätte aber noch eine weitere Frage:
    Wenn ein Abwehspieler einen Angreifer (nicht puckführend!) so abdrängt/checkt/foult/irgendwie zu Fall bringt, dass dieser gegen das Tor rutscht und dieses aus der Verankerung rutscht, kann man dann dem Verteidiger auch Absicht unterstellen und entsprechend den anderen Parametern (Spielzeit, klare Torchance...) auch auf Penalty entscheiden? Oder wären das maximal 2 min wegen Behinderung, sofern es ein Foul war?

  • einfache Frage, einfache Antwort: Nein, außer man erkennt, daß der Abwehrspieler den Angreifer ganz bewußt so gegen das Tor "bringt", daß dies verschoben wird, um somit eine Unterbrechung des Spiels zu erwirken oder eine Torchance zu verhindern. Das Thema "Verantwortungsbereich" gilt für den Torhüter, nicht für den Feldspieler.

  • Die Auslegung finde ich gut und richtig, die Namensgebung mit dem "absichtlich" etwas unglücklich, das führt bei Laien wie mir tatsächlich zu Mißverständnissen.

  • Ich kan sehr gut nachvollziehen, daß die Regelauslegungen und verschiedene Definitionen von Begriffen manchmal schwer verständlich sind und zu Mißverständnissen führen können. Allerdings werden die Regeln nicht von den Schiedsrichtern gemacht sondern von der IIHF vorgegben. Da gibt es dann schonmal das Problem mit der Übersetzung, da die ursprünglichen Regeltexte in engl. Sprache sind. Die Auslegungen und Erklärungen zu den Regeln sind ebenfalls in engl. Sprache. Somit haben wir schon zwei Probleme.
    Ein drittes Problem kommt dann im Stadion hinzu, da bei 4500 Zuschauern - wie in Bietigheim ca. 4495 Laien da sind. Heute Abned in Schwenningen wird diese Zahl sogar auf 6.209 steigen ;) ;) ;)

  • Danke Kollege, sehr schön gesagt.

    Lediglich zur Zeichengebung noch eine Anmerkung: In dem Video ist nicht zu erkennen, was genau der HSR anzeigt. Es könnte ein Tor sein, er könnte aber auch auf den TW zeigen,da dieser eine Strafe erhält. Dann wäre auch diese Unschärfe ausgeräumt.

    Welcher Spieler den Penalty ausführt ist nicht eindeutig geregelt, lediglich die analoge Situation, dass der gefoulte Spieler verletzt ist und durch einen Spieler vom ersetzt werden muss, lässt sich projizieren. Dagegen spricht aber auch, dass es sich nicht um ein Foul, sondern um eine technische Strafe handelt. Ich persönlich habe in der Diskussion mit Kollegen auch gesagt, es kann irgendein Spieler sein.

    Hut ab, vor den Kollegen und ein Hinweis Richtung Fans, Trainer und Journalisten: Erst informieren und dann schreiben/sprechen.

  • Ich versteh nicht, welche Regel da nicht klar definiert sein soll. Es ist doch absolut sinnvoll, dass bei einer derart wichtigen spielentscheidenden Situation der hinter dem Tor postierte HSR seinen gleichberechtigten Kollegen, der einen anderen, womöglich besseren Blickwinkel hatte, kurz befragt. Kurz, ganz kurz, ich sehe keine Diskussion oder gar eine Spur von Uneinigkeit.
    Im Spiel hat der HSR, bzw das gesamte Schiedsrichtergespann bis zum nächsten Einwurf Zeit die endgültigen Entscheidung zu treffen. In der Verlängerung bei sudden Death somit ewig ;)

  • Warum sollte ein SR nicht mit seinen Kollegen sprechen. Das ist ja fast schon unverschämt....ein SR hat seine Position und seinen Blickwinkel und muss viele Entscheidungen im Bruchteil einer Sekunde ALLEINE treffen. In diesem wichtigen Fall hat er die Chance, mit seinen Kollegen gemeinsam zu entscheiden, sei doch froh!!! Ich finde, dass die Kollegen das Ganze sehr professionell abgewickelt haben.